Nachfahren ehemals edelfreier Familien stellen sich vor

Kloster St. Michael, Lüneburg, in einer Urkunde König Ottos I. Zeichnung: Hermann Billung höchstselbst.
Kloster St. Michael, Lüneburg, in einer Urkunde König Ottos I. Zeichnung: Hermann Billung höchstselbst.

Als Schöffenbarfreie bezeichnete man im Mittelalter die Nachkommen des ehemaligen Stammesadels. Sie organisierten während des 8. Jahrunderts den Widerstand gegen die Eroberungspolitik der Franken. Während des 10 Jahrhunderts erlebten sie durch die Ottonen-Könige, die ebenfalls dem Personenkreis der Schöffenbarfreien entstammten, eine Blütezeit. Sie stellten als Grafen einen Großteil der Landesherren und förderten durch die Gründung von Klöstern und Stiften wissenschaftliche Arbeit und Kultur. Sie schufen durch Verträge und Heiratspolitik ein Staatenbündnis, das vom Rhein her über das Herzogtum Sachsen, die Nordmark, Ostmark und Thüringen bis nach Polen und Böhmen reichte. In der nachfolgenden Zeit der Salierkönige wurde dieses Bündnis zerschlagen, die Schöffenbarfreien aus ihren Stellungen verdrängt und vom Ministerialadel ersetzt. Die Schöffenbarfreien wechselten ihrerseits in den Stand des Ministerialadels und leiteten als solche noch etwa bis zum 15. Jahrhundert Herrschaften auf regionaler Ebene in den Grafschaften, in denen ihre Großeltern vorher Grafen waren. Durch ihre Herrschaftsrechte, die in zahlreichen Urkunden dieser Zeit genannt werden, können sie noch als Nachkommen schöffenbarfreier Leute erkannt werden. In der Literatur werden sie als "ehemals edelfrei" bezeichnet. Sie führten bis zu dieser Zeit noch ihren Namen und Adelstitel. Im Laufe der Neuzeit gaben die schöffenbarfreien Familien nach und nach ihren adeligen Namen auf, sie leben heute unter bürgerlichen Namen und haben die unterschiedlichsten Berufe.

 

Die Nachkommen der ehemals edelfreien Familien pflegen zum Teil noch mündliche Überlieferungen, die bis in die Zeit der Eroberungen durch Karl den Großen zurückreichen. Diese mündlichen Überlieferungen wurden im Mittelalter als Heidentum angesehen und unterdrückt. Als im Laufe der Neuzeit die Religionsfreiheit durchgesetzt wurde und insbesondere die Juden die Bürgerrechte erhielten, meinte man, daß auch für die ehemals edelfreien Familien, die wegen ihrer mündlichen Übelieferungen diskriminiert wurden, gesellschaftliche Anerkennung herzustellen wäre. Dem war aber leider nicht so. Die Möglichkeit, ungestört mit den Texten aus mündlichen Überlieferungen zu arbeiten, bietet sich erst seit etwa 10 Jahren.

 

Diese Webseite soll helfen, auf die Situation der ehemals edelfreien Familien mit mündlichen Überlieferungen aufmerksam zu manchen, ihnen gesellschaftliche Anerkennung zu verschaffen und die Aufarbeitung der mündlichen Texte zu unterstützen.